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Ausstellung, Galerie im Höchhuus Küsnacht,  27. August bis 10. September 2021

H A R U K O  –  Malerei

Glänzendes Tafelsilber, Porzellantassen, Glaskaraffen, gemusterte Tapeten, drapiertes Tuch, Fliesenböden, knisternde Kaminfeuer.

HARUKO, ein äusserst vielseitiger Künstler, widmet sich seit einigen Jahren ausschliesslich der Malerei und tauchte in die Welt des Adels ein. Er schuf einen Bildzyklus mit Schlössern, fürstlichen Interieurs und edel bestückten Stillleben. HARUKO wagt sich in ein Themenfeld vor, das in der heutigen Kunstwelt überraschend – und einigen sogar dubios – erscheint. Aber neue Einsichten erfordern ungewöhnliche Wege.

HARUKOs Gemälde sind ein Fest für die Augen. Handwerklich meisterhaft und mit präzisem Pinselstrich modelliert er die Plastizität seiner Bildelemente. Er spielt mit Schatten und Reflexionen und lässt auf Silberkannen und Wassergläsern Spiegelungen entstehen. Wie durch ein Vergrösserungsglas betrachtet, rückt er die Gegenstände gross ins Bild, bis sich das Betrachterauge inmitten der Teekannen und Silberteller verliert und der Raum sich auflöst. Um die Gegenstände in voller Lebendigkeit einzufangen, malt HARUKO vorzugsweise nach dem dreidimensionalen Objekt, fotografsche Vorlagen hingegen benützt er nur für Ergänzungen. So baut er Schlösser und Gemächer in akribischer Arbeit als Modelle nach, um sie nachher zu malen.

Sein Vorgehen erinnert an die Malweise, wie sie der englische Dichter Abraham Cowley im 17. Jahrhundert in seiner Ode «To the Royal Society» beschreibt: Wer ein wirkliches Stück nach der Natur machen will, darf keine Kopie eines anderen Werkes machen. ... Das reale Objekt muss dem Urteil seines Auges und der Bewegung seiner Hand gebieten. Ausserdem funktioniert die Kunst des genauen Abbildens nur im Wechselspiel mit der Kunst des genauen Schauens. Malerisches Abbilden heisst, Gegenstände mit Pinsel und Farbe ins Zweidimensionale zu übersetzen. So setzt HARUKO seine Bildmotive aus Linien und Farbfeldern zusammen und lässt so eine Illusion der Wirklichkeit entstehen.

Nebst dem visuellen Genuss laden HARUKOs atmosphärische Bilder dazu ein, imaginär durch die Räume zu flanieren, den Geruch der schweren Vorhänge zu riechen, dem Knistern des Kaminfeuers zu lauschen und sich von der Stille der alten Gemächer einhüllen zu lassen. Zu horchen, zu träumen, Sehnsüchte aufkommen zu lassen und dem Zauber flüchtiger Kindheitserinnerungen nachzuhängen. Schlösser und Tafelsilber sind für HARUKO Symbole des Adels. Er mag den aristo-kratischen «mode de vie». Gerne stellt er sich vor, wie er in einem Zimmer eines Schlosses sitzt, eine Tasse Tee trinkt, ein Bild betrachtet und über die Glaubenssätze unserer Zeit sinniert: Was wäre, wenn es mehr Beständigkeit statt Innovationseifer gäbe? Mehr Bedächtigkeit statt Effizienzgläubigkeit? Mehr geschichtsträchtige Gemäuer statt austauschbare Einheitsarchitektur? Mehr leidenschaftliche Könnerschaft statt Bildungsgleichschaltung? Wäre unsere Welt entspannter und inspirierender, wenn wir uns alle ein bisschen als Aristokraten fühlten? Vielleicht. Doch da sind auch die Kobolde, Nachmahre, Sigmund Freuds allwissender Windhund oder Pandora. Fast unbemerkt nisten sie sich da und dort in HARUKOs Bildkosmos ein und treiben im Schatten der Schloss- mauern und Silberkannen ihr halb ironisches, halb hintergründiges Spiel.

Mit seiner Malerei beschreitet HARUKO einen eigenständigen, von Dogmen der Kunstszene unabhängigen Weg. Immer wieder tastet er sich an Epochen und Künstlerpersönlichkeiten aus der Kunstgeschichte heran, insbesondere an die Romantiker um Johann Heinrich Füssli oder die Postimpressionisten um Pierre Bonnard. Es gelingt HARUKO, aus der altmeisterlichen Inspiration und der eigenen Kreativität eine neue, vielschichtige Bildwelt mit fesselndem Charisma zu entwickeln.

Text: Rebecca Gericke, Kunsthistorikerin

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Michael Nitsch / HARUKO

«Äpfel & Silber»

1. – 17. September 2021

 

 

 

Mitten im Raum steht auf drei gusseisernen Beinen eine Schüssel. Darin laden in rotes Licht gesetzte Äpfel zum Hineinbeissen ein. Wäre da nicht Schneewittchen, das daran erinnert, dass die Früchte auch vergiftet sein könnten. Das silberglänzende Schneewittchen hat sich abgewendet, fast bekommt man das Gefühl, die Figur versuche dem grünen Teppich zu entfliehen. Sie – und mit ihr Michael Nitsch – will neue Wege gehen. 

Verführung zugleich als Gefahr. Damit greift Michael Nitsch theatralisch und minimal inszeniert einen Mythos auf, der bereits im paradiesischen Sündenfall auf den Zwiespalt zwischen Verlockung und Selbstkontrolle verweist. 

Der Apfel, als Sinnbild von Kraft und Leben, ist auch in der zweiten Szenerie omnipräsent. An den Wänden hängen sieben mit Pfeilen durchschossene Äpfel. Sofort ist klar, worauf angespielt wird, dazu bräuchte es nicht einmal den Gesslerhut, der auf einem durchschossenen Apfel zum Gruss auffordert. 

Auf spielerische Art und Weise erforscht Michael Nitsch in Märchen und Mythen psychologische Inhalte und kreiert mit seiner «readymade»-artigen Arbeit ein Labyrinth an Fragen. 

Geheimnisvoll und meisterhaft ist die Inszenierung, und sie erscheint in der Nacht besonders schön, wenn der ganze Raum rot leuchtet und sich im Ladenschild der Bogen schliesst.

 

 

HARUKO geht in seiner Arbeit den zeichnerischen Weg. Silberne Gefässe haben sich in einem Triptychon neben- und hintereinander versammelt. Kostbare Teekannen und Zuckerdosen präsentieren sich opulent in Schwarzweiss auf blanken Tischflächen. Sie spiegeln sich im Gegenüber, verzerren die Wirklichkeit und schimmern atmosphärisch wie eine Fata Morgana. Köpfe, Augen und Nasen blitzen im Silber und auf der Tischfläche auf. 

Der Künstler sucht im Gegenstand und seiner Spiegelung nach dem Verborgenen, Verzerrten und nicht Wahrnehmbaren und präsentiert uns so eine erweiterte Sicht auf die Wirklichkeit. Mit grosser Sicherheit und handwerklichem Geschick bewegt sich HARUKO auf grossen Formaten und entwickelt mit seinem Teestilleben einen Sog, dem man sich nur schwer entziehen kann. 

 

Mit Michael Nitsch und HARUKO treffen zwei konzeptuell entgegengesetzte Positionen aufeinander. Trotz ihren Verschiedenheiten finden sie im Raum ausgezeichnet zueinander. Nicht nur in ihrer Tendenz zur Üppigkeit und dem Hang zum Theatralischen. Beide referieren auf Silber, einem Metall, dem wegen seiner Geschichte und Bedeutung ebenfalls fast mythische Bedeutung zukommt. 

 

Mit «Äpfel & Silber» haben die beiden Künstler, nicht nur wegen Tell, einen Volltreffer gelandet. 

 

 

 

www.nanoraumfuerkunst.ch   

Leitung: Maria Bill, Antonia Hersche, Regula Weber

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